Wie gewonnen, so zerronnen

oder: Die Vollmacht im Wechselbad des BGH

 

Es soll vorkommen, dass Anleger in Bauherrenmodellen, geschlossenen Immobilienfonds oder ähnlichen Vermögensvernichtungsveranstaltungen später mit ihrer Investition nicht so ganz zufrieden sind und danach trachten, aus der Sache wieder herauszukommen.


Derartigem Ansinnen hatte der Bundesgerichtshof (BGH) unerwartet und überraschend Rückenwind verschafft, als er entschied, dass der bei solchen Anlagemodellen regelmäßig eingeschaltete Treuhänder der Erlaubnis nach Art I § 1 des Rechtsberatungsgesetzes bedarf. Ist der Treuhänder, z.B. eine Steuerberatungs-GmbH, gar nicht oder nur eingeschränkt zur Rechtsberatung zugelassen, so ist laut BGH nicht nur der Treuhandvertrag, sondern auch die dem Treuhänder erteilte Vollmacht des Anlegers nichtig (BGHZ 145, 265). Der Schutzzweck des Rechtsberatungsgesetzes vor unsachgemäßer Beratung und Vertretung sei nur dann zu erreichen, wenn auch die Vollmacht für unwirksam erachtet werde. Folge: die vom Treuhänder abgeschlossenen Verträge sind unwirksam.


Offenbar hat der BGH bemerkt, dass diese Rechtsprechung ganze Klagelawinen auf Rückabwicklung von Anlagemodellen auslösen könnte. Also hat er sich entschlossen, die Geister, die er gerufen hatte, wieder einzufangen.

Mit Urteil vom 25.03.2003 (XI ZR 227/02) hat er nun erklärt, dass die Treuhändervollmacht bei Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz zwar unwirksam bleibe, nach „allgemeinen Rechtscheinsgesichtspunkten" aber trotzdem als wirksam zu behandeln sei, wenn die Voraussetzungen der „Duldungsvollmacht" vorlägen. Letzteres sei der Fall, wenn es der Anleger über einen längeren Zeitraum wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn ohne Bevollmächtigung als Vertreter auftritt und der Vertragspartner dies so verstehen darf, dass der Handelnde bevollmächtigt ist.


Der Anleger wird also vor unsachgemäßer Vertretung durch inkompetente Berater geschützt, aber nur, wenn er deren Treiben nicht „duldet". Es müsste dem Treuhänder also Einhalt gebieten, sobald er erfährt, dass dieser das tut, wozu er ihn beauftragt hat, nämlich Verträge abschließen. Ein wahrhaft realitätsnahes Szenario. Warum sollte der Anleger dem Treuhänder dann nicht gleich die Vollmacht insgesamt entziehen?

Die Wege des Rechts sind gelegentlich verschlungen.


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© Dr. Thomas M. Hellmann