In die Gruft mit der Pfändung!

 

Franz Josef Strauß: Familiengruft gepfändet! Mit Schlagzeilen wie dieser wurde die Republik über Wochen in Wallung versetzt und bayerische Traditionalisten befürchteten bereits, die Gebeine des verewigten Franz Josef würden demnächst versteigert. Die Wellen der Empörung schlugen hoch, der Bayerische Finanzminister musste sich für das pietätlose Vorgehen seiner Beamten entschuldigen und alle beeilten sich, die „Pfändung der Gruft" schnellstmöglich aus der Welt zu schaffen.


Bei diesem Getöse kann es schon vorkommen, dass die rechtlichen Implikationen der causa in den Hintergrund geraten. Für den fachlich interessierten Beobachter stellt sich nämlich die Frage: Wie pfändet man eine Gruft?

Es ging um Steuerschulden von Max Strauß. Deren Vollstreckung erfolgt nach der Vorschriften der Abgabenordnung (AO). Diese sehen eine Pfändung lediglich für bewegliches Vermögen und Forderungen vor, wozu eine Gruft zweifellos nicht zu rechnen ist.


In das Grabgrundstück hätte nur durch Zwangshypothek, Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung vollstreckt werden können (§§ 322 AO, 864 ff. ZPO), nicht aber durch Pfändung. Was also war wirklich geschehen?

Folgendes: Das Finanzamt hatte wegen Steuerschulden den Anteil von Max Strauß an einer Erbengemeinschaft gepfändet. Zum „Gesamthandsvermögen" dieser Erbengemeinschaft gehört ein mehrere tausend Quadratmeter großes Areal, darauf auch das Grabgrundstück. Die Gruft wurde also nie gepfändet. Eine Pfändung in das Vermögen einer Erbengemeinschaft ist gar nicht möglich. Gepfändet werden kann nur der Anteil an der Erbengemeinschaft, nicht jedoch ein einzelner Vermögensgegenstand. Daher drohte auch nie die Versteigerung der Gruft oder gar die der dort ruhenden sterblichen Überreste.


Umgekehrt läge eher ein Skandal vor: Hätten die Finanzbeamten die Pfändung des Erbengemeinschaftsanteils unterlassen sollen, weil sich in deren Grundvermögen eine Gruft befindet? Dies würde einigen verarmten Adelsgeschlechtern neue Aussichten auf finanzielle Konsolidierung eröffnen, denn an Grüften herrscht dort bekanntlich kein Mangel.


Was steckt also hinter der ganzen Aufregung? Weshalb muss sich der Finanzminister wegen der Pfändung einer Gruft rechtfertigen, die nie erfolgt ist und nie erfolgen konnte? Wie reimte so schön die Biermösl-Blosn über Max Strauß: „Kaum dass er einen Tag lang vorm Schwurgericht stund, da erreicht das Volk in Bayern eine schrecklich Kund, die Gruft vom Franz Josef ist gepfändet, geschändet!"


Cui bono? fragten schon die alten Römer.


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© Dr. Thomas M. Hellmann